Erster Lesung aus dem Buch des Propheten Amos (6,1a.4-7):
Evangelium nach Lukas (Lk 16,19-31)
Danken hat etwas mit Freude zu tun. Wann sagen wir „Danke“? Oft ist das nur eine Höflichkeitsform. Das Wort hat aber eine tiefe Bedeutung, wenn wir es aussprechen, weil wir uns wirklich beschenkt fühlen und zwar nicht, als Belohnung für eine Leistung. Weil wir uns beschenkt fühlen ohne unseren Verdienst. Deswegen ist auch jedes Geschenk, das wir bekommen, ohne dafür etwas geleistet zu haben, ein Zeichen der Liebe. Und deswegen sind wir so dankbar.
Ist das dann auch der Grund, warum es in unserer Gesellschaft so wenig Freude gibt? Der moderne Mensch ist versucht zu meinen, er wäre gar nicht abhängig von anderen, er kann alles selbst, er braucht niemanden. Man zieht sich in seine eigene kleine Welt zurück, in seine Wohnung - ohne Kontakt mit den Nachbarn. Danken? Wofür? Wir sind so stolz auf alles, was wir im Leben leisten: Unsere Arbeit, unseren Besitz, unsere Familie (wenn sie gut funktioniert), unsere Leistungen. Aber wir vergessen: Die Voraussetzungen und die Fähigkeiten dazu, haben wir nicht selbst geschaffen. Wir verdanken sie, aber wem?
Die Tatsache, dass wir leben ist schon ein Geschenk. Wir verdanken unser Leben anderen. Und wie leben wir? Wir leben gut, sicher im Vergleich zu anderen Menschen, nicht nur in der Welt, sondern auch in der eigenen Gesellschaft. Vielen geht es nicht so gut. Sie müssen täglich ums Überleben kämpfen. Aber das vergessen wir oft, weil wir unseren eigenen Wohlstand so selbstverständlich genießen.
In der ersten Lesung haben wir gehört, wie der Prophet Amos im 8. Jh. v. Chr. auf schärfste Weise Kritik übt an den sozialen Missständen seiner Zeit: „Weh den Sorglosen und Selbstsicheren, die in ihrem Reichtum im Überfluss schwelgen! Ihr lebt im Luxus,... habt eure Partys mit Ess- und Saufgelagen, grölt dabei eure Lieder, ihr benützt die feinsten und teuersten Kosmetikmittel... ohne euch um andere zu kümmern!“
Zur Zeit Jesu war es nicht anders. Besonders das Evangelium von Lukas übt immer wieder Kritik an der Lebensweise von Menschen, die im Überfluss leben. In seiner Feldrede sagt Jesus: „Freut euch, ihr Armen! Ihr werdet mit Gott leben in seiner neuen Welt... Aber weh euch, ihr Reichen! Ihr habt euren Anteil schon erhalten. Weh euch, die ihr jetzt satt seid! Ihr werdet hungern.“
Mit der Erzählung vom reichen Mann und dem armen Lazarus betont Jesus das noch einmal. Interessant ist, dass in dieser Erzählung der Reiche keinen Namen hat. Es kann also jeder sein und jede Art von Reichtum. Das Problem ist nicht, reich zu sein. Aber man genießt einfach seinen Reichtum und sieht nicht den Armen, der vor seiner Tür liegt und unterlässt dadurch jede Hilfe. Jesus prangert nicht den Besitz an, sondern die Art und Weise, wie wir damit umgehen. Der Arme hat einen Namen: Lazarus, was auf Deutsch heißt „Gott hilft“: Gott hat eine besondere Vorliebe für solche arme Menschen.
Jesus will uns mit dieser Erzählung auch klar machen, dass unsere Hilfsbereitschaft gegenüber notleidenden Menschen auch darüber entscheidet, ob wir Gott nahe oder fern stehen. Das macht er mit dieser apokalyptischen Szene: Beide, der Reiche und der Arme, müssen sterben und vor Gott erscheinen. Der Reiche hat sein Leben verwirkt, hat sein Lebensziel verpasst. Irgendwann ist es zu spät, hat man seine Chance vertan.
Wir leben in unserem reichen Land (immer noch) in Wohlstand, kennen sogar Überfluss. Was macht dieser Wohlstand mit uns? Macht er uns blind für die Armen "vor der Tür"?
Wir haben nur die Worte Jesu, die Worte der Bibel. Wer nicht auf sie hört, sie nicht ernst nimmt, wird auch nicht durch ein Wunder überzeugt werden, sogar dann nicht, wenn ein Toter wieder lebendig würde, um uns zu warnen. Das sagt Jesus zu dem Reichen, der seine Brüder warnen will.
Es gibt zu viel Undankbarkeit und Gedankenlosigkeit. Die Frage, wem wir unseren Überfluss verdanken, wird nicht mehr gestellt. Sind wir der reiche Mann im Evangelium? Ist ein Erntedankfest nicht ein Anlass zur Besinnung? „Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind“. Und deswegen können wir sagen: Das Erntedankfest drückt unser Bewusstsein aus: Wir sind beschenkt. Das Erntedankfest stärkt unser Vertrauen zu Gott. So entsteht Lebensfreude.